Eindrücke der Filmpremiere „Alzheimer – Schritt für Schritt zum Gedächtnisverlust“ mit Podiumsdiskussion vom 16.09.2020

Hinweis: Der von Josefin Bressel gestaltete und von Markus Frings für die RAI Südtirol produzierte Film wurde am Montag, 21.9. (Welt-Alzheimer-Tag 2020) im Bozner Sender ausgestrahlt.

Neben der Vorstellung einer neuen RAI Reportage von Josefin Bressel und Markus Frings unter dem Titel „Alzheimer -Schritt für Schritt zum Gedächtnisverlust“ mit bewegenden Eindrücken über Schicksale von Demenzkranken in Südtirol, konnte die Alzheimervereinigung Südtirol, als Ehrengast, die deutsche Demenzaktivistin, Helga Rohra aus München begrüßen. In einer regen Diskussion am Runden Tisch, nach der Filmvorführung an der Helga Rohra, Monika Kripp von Demenz Austria und die Vizepräsidentin der Alzheimervereinigung Südtirol, Edith Moroder teilnahm, erfuhren die Anwesenden viel vom Alltag von Helga Rohra. Mit 54 Jahren wurde Helga Rohra die Diagnose Lewy-Body-Demenz gestellt. Sie stürzte in eine starke Depression. Als sie Anfang 2010 erstmals öffentlich über ihre Demenz sprach, tat sie das noch unter einem Pseudonym. In der Zwischenzeit ist viel passiert: schließlich wurde sie zu einer Aktivistin, die sich einmischt, um die Sache der Menschen mit Demenz zu vertreten: Im Vorstand der Alzheimer Gesellschaft München, in den Medien und auf Demenz-Kongressen. „Ich bin dement, na und?“, ist ihr Motto, wenn sie von ihren Erlebnissen mit Nicht-Dementen berichtet. Da sind etwa die Psychiater, die öffentlich bezweifeln, dass sie unter einer Demenz leidet. Oder die Angehörigen sozialer Berufe, die sich im Umgang mit ihr überfordert fühlen. Mit Scharfsinn und einer gehörigen Portion Humor hält die Münchnerin der Gesellschaft den Spiegel vor. Sie zeigt, wie unbeholfen wir Menschen mit Demenz manchmal gegenübertreten. Und wie wenig wir ihnen dabei gerecht werden. Ihr Buch richtet sie sich an alle, die aus erster Hand erfahren wollen, welche Hürden Menschen mit Demenz in unserer Gesellschaft überwinden müssen und welche Potenziale noch in ihnen stecken. Es ist aber auch eine Einladung an andere Betroffen, sich auszutauschen und gemeinsam die Stimme zu erheben, für eine wirkliche Teilhabe von Menschen mit Demenz.

ASAA Präsident Ulrich Seitz erinnerte an viele Berichte der Pflegenden, die in den letzten Monaten fast vollkommen mit den kranken Menschen allein gestellt waren. Es geht dabei in aufrüttelnder Art und Weise hervor, dass Belastungen und Stress in der Betreuung und Pflege eines Menschen mit einer demenziellen Erkrankung wie zum Beispiel Alzheimer auf keinen Fall unterschätzt werden dürfen.  Der individuelle Verlauf und die unterschiedlichen Phasen einer demenziellen Erkrankung erfordern jeweils unterschiedliche Zugänge. Daher ist für die Betreuenden und Pflegenden wichtig, sich Informationen zu holen um flexibel auf die Veränderungen reagieren zu können. Was gestern funktioniert hat, gelingt heute vielleicht weniger. Um im stetigen Kontakt zu bleiben, bedarf es immer wieder neuer Versuche und unterschiedlicher Angebote um ins Gespräch zu kommen und in Beziehung zu bleiben, denn Stress führt zu Entzündungen und in der Folge können unter anderem Krebserkrankungen oder Depressionen auftreten. Dem entgegen zu wirken ist dem Verein ASAA ein großes Anliegen. Durch die Nutzung der Angebote des Vereins, durch den Besuch der Selbsthilfegruppen, durch Einzelberatungen und Informationen können Betreuende und Pflegende lernen auf sich zu achten, Grenzen zu setzen, die Veränderungen als Teil der Erkrankung zu sehen, Entlastungsangebote anzunehmen und damit Belastungen und Stress zu reduzieren. Was sich immer wieder in beeindruckender Manier zeigt, ist, dass sich die Belastungen massiv durch die körperlich anstrengende Pflege, die Ungewissheit, Schmerz und Trauer sowie die soziale Isolation aus Scham ergeben. Des Weiteren sind es oft Persönlichkeits- und Verhaltensveränderungen der Betroffenen, die eingeschränkte Kommunikation, der Rollenwechsel, der dauerhafte Verzicht und Einschränkungen, welche bedrückenden Schuldgefühlen und Spannungen innerhalb der Familie führen. Nicht unterschätzt werden darf, dass schwerwiegende Verhaltensveränderungen durch die Erkrankung auftreten können. In diesem Zusammenhang sprechen wir von Aggressionen, Rückzug und Interessensverlust,  Herumwandern, einem gestörten Tag-Nacht-Rhythmus, dem ständigen Suchen, Fragen und Wiederholen, Wahn und Halluzinationen.

Die Alzheimervereinigung „predigt“ aus diesem Grunde schon seit vielen Jahren, dass die Angehörigen und die Pflegenden, bereits von Beginn an die Betreuung und Pflege so aufteilen sollten, damit Hilfe und Entlastung effektiv angenommen werden können.