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Demenzbetreuung: Viel Licht, aber auch immer mehr Schatten

 

Aus der Zeitschrift „Dolomiten“ vom 04.07.2022

 

 

In rund 400.000 Haushalten in Italien leben seit Jahren ausländische Pflegekräfte. Laut Erhebung der Alzheimervereinigung Südtirol ASAA sind es in Südtirol rund 3.200. Sie garantieren den meist älteren Menschen, möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden wohnen bleiben zu können. Immer öfters wechseln aber diese Betreuungskräfte: in der Regel sind es Frauen aus osteuropäischen Ländern, aus Afrika oder Lateinamerika, die hauptsächlich Südtiroler Familien bei der Betreuung eines schwerkranken Menschen daheim zur Seite stehen.  Damit sich aber ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Pflegenden und den zu Pflegenden ergibt, ist es grundlegend, so  ASAA-Präsident Ulrich Seitz, dass sich diese Figuren näherkommen. Daher organisieren wir seit nunmehr 5 Jahren mit großem Erfolg unsere Befähigungskurse für Angehörige und Hilfskräfte. Vor allem die Folgen einer Demenzerkrankung und das Erkennen der Bedürfnisse der Betroffenen werden in diesem Zusammenhang in erster Linie unter verschiedensten Gesichtspunkten aufgegriffen. Vor kurzem haben wieder einige von ihnen mit Bravour intensive Schulungstage hinter sich gebracht und ihr Wissen perfektioniert. Es handelt sich dabei um ein schönes Erlebnis, auch für uns Ehrenamtliche, die wir maßgeblich an der Umsetzung der beschriebenen Initiative involviert sind, unterstreicht Seitz. Gemeinsam mehr über krankenpflegerische Möglichkeiten, zu Fragen betreffend die angemessene Ernährung bei Chronisch Kranken, zur Beschäftigungstherapie, zu juridischen und versicherungstechnischen Aspekten und vielen anderen Themen Detailliertes zu erfahren, stellt eine Bereicherung dar, auch für die 15 Teilnehmerinnen am kürzlich zu Ende gegangenen Kurs der ASAA mit 70 Stunden Unterricht.

Ulrich Seitz mit einigen der erfolgreichen Teilnehmerinnen des vor Kurzem zu Ende gegangenen Kurses für ausländische Hilfskräfte.

 

Seitz betont, dass es derzeit eine riesige Herausforderung ist, geeignete Pflegende zu finden. Nach Ausbruch der Corona Pandemie 2020 haben Hunderte von effizienten Kräften Südtirol verlassen und sind nicht mehr zurückgekehrt. Zudem spricht Seitz ein weiteres aktuelles Thema an: die Tatsache, ob ukrainische Flüchtlings-Frauen hier Jobs in der Pflege übernehmen sollen. Für viele Familien  klingt das auf den ersten Blick naheliegend. Aufgrund der Unmöglichkeit genügend Ausgebildete für die Pflege zuhause zu finden, gibt es es bereits Anfragen betreuungsbedürftiger Menschen, die eine Unterkunft für ukrainische Flüchtlinge gegen Pflegeleistungen anböten. In diesem Zusammenhang muss jedoch eine Abklärung mit den zuständigen Behörden erfolgen, ob diese UkrainerInnen effektiv im  Lande bleiben und in der Pflege tätig sein wollen. Sie bräuchten auf jeden Fall eine entsprechende Schulung für diese Aufgabe. Die großen Herausforderungen für die rund 10.500 Südtiroler Familien, die daheim kranke Angehörige versorgen müssen, bleiben immens.

Derzeit machen uns, so Ulrich Seitz wieder die langen Wartezeiten für die Pflegeeinstufung und für fachärztliche Visiten sowie für Therapien sehr zu schaffen. Diese Ungewissheiten zehren an den Nerven der Pflegenden, wie wir täglich über Dutzende von Telefonanrufen über die Grüne Nummer 800660561 erfahren. Die Alzheimervereinigung Südtirol wird deshalb nicht müde, den bereits 2016 von der Landesregierung versprochenen Demenzplan einzufordern.