„Das merk ich mir!“

Neue Initiative von Alzheimer Südtirol Alto Adige ASAA zum Welt-Alzheimer-Tag 2022

Wie jedes Jahr, begeht der Verein ASAA den Welt-Alzheimer-Tag am 21. September mit einer eigenen Veranstaltung. Diese steht allen Interessent/innen offen, ist aber besonders für pflegende Angehörige gedacht. Im Vorjahr lief die äußerst erfolgreiche Infomesse in Terlan, von der viele Teilnehmer/innen immer noch schwärmen. Heuer findet unter dem Titel „Das merk ich mir!“ am Nachmittag des 21.9. (ab 15 Uhr) eine weitere zweisprachige Info-Initiative in den Räumen der neuen Melitta-Klinik in Bozen/Sigmundskron (Laura-Conti-Straße 2) statt. Nach einem ASAA-Bericht über die Situation der Demenzkranken im Land (von Präsident Ulrich Seitz und Vizepräsidentin Edith Moroder) sind Fachvorträge zu den komplexen Themen „Verhaltensstörungen bei Demenz“ (Fachärztin für Geriatrie Dr.Ingrid Ruffini) und „Wut und Aggression bei der Pflege“ (Primar für Psychiatrie Dr.Andreas Conca) vorgesehen. Danach findet eine Podiumsdiskussion über „Demenzstrategie in Südtirol“ (mit Dr.Florian Zerzer, Dr.Markus Falk, Dr.Francesca Lubian, Dr.Claudio Corradini, Mag.Monika Kripp) statt, auf die ab 18 Uhr noch eine exklusive Sprechstunde mit Fachärzten und Therapeuten folgt. Für individuelle Beratungsgespräche auf Vormerkung stellen sich dabei die Fachärztin für Geriatrie Ingrid Ruffini, der Primar für Psychiatrie Andreas Conca, die Psychologin Alice Panicciari, der Verkehrspsychologe im Südtiroler Sanitätsbetrieb Max Dorfer, der Logopäde der Melitta-Klinik Ivan Comper und die Direktorin des Vereins für Sachwalterschaft Roberta Rigamonti zur Verfügung. Ein dichtes Programm also, das viele drängende Probleme pflegender Angehöriger aufgreift. Um allerdings alle Sicherheitsauflagen gewährleisten zu können und einen möglichst reibungslosen Ablauf zu garantieren, wird um Vormerkung für die gewünschten Beratungsgespräche gebeten (bis 16.9. per E-Mail an info@asaa.it). (ehm)

Hier die Einladung herunterladen

Ist Demenz weiblich?

Warum gerade Frauen besonders gefährdet sind, an einer kognitiven Störung oder Demenz zu erkranken

65% der Demenzbetroffenen sind weiblich. Bei der Alzheimererkrankung sind 2/3 der Patient:innen Frauen. Welche Faktoren an der weiblichen Gehirngesundheit und dem individuellen Risiko für eine Demenzerkrankung beteiligt sind, lesen Sie in den folgenden Berichten. 

Höhere Lebenserwartung

Da ein höheres Alter nach wie vor als Hauptursache für Demenzerkrankungen angesehen wird, sind Frauen, die eine höhere Lebenserwartung als Männer aufweisen, öfter betroffen und verbringen durchschnittlich mehr Jahre mit chronischen Erkrankungen.

Ein großer Anteil alleinlebender hochaltriger Frauen verbringt den Lebensabend in sozialer Isolation und Einsamkeit. Nach Prof. Manfred Spitzer gilt Einsamkeit als Krankheitsbeschleuniger. Seit 2003 ist bekannt, dass Einsamkeit und körperliche Schmerzen in den gleichen Bereichen im Gehirn verarbeitet werden. Die Begriffe Abschieds- oder Trennungsschmerz bilden dies ab.

Die Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen während der Corona-Pandemie haben dazu beigetragen, den daraus folgenden Stress für weite Teile der Bevölkerung zu erhöhen. Chronischer Stress erhöht das Risiko für entzündliche Prozesse, eingeschränkte Immunabwehr, Krebserkrankungen, Bluthochdruck und Schlaganfälle. 

Mit einem „Pakt gegen Einsamkeit“ plant die österreichische Bundesregierung, die soziale Teilhabe und Selbstbestimmung von älteren Menschen sicherzustellen und die Lebensqualität durch die Aufstockung der mobilen Dienste zu fördern. 

Im hohen Alter werden durch eingeschränkte Mobilität, Hörverlust und Mangel an persönlichen Kontakten Gedächtnisleistung und Psyche zusätzlich beeinträchtigt. Dies erklärt jedoch nicht ausreichend, warum Frauen zwei Drittel der an Alzheimer Erkrankten ausmachen.

Aktueller Alzheimer ­Europe Bericht

Alzheimer Europe hat eine kürzlich veröffentlichte Diskussionsgrundlage zum Thema Sex, Gender und Sexualität vorgelegt. Der Bericht untersucht, wie sich diese Themen auf den Alltag von Menschen mit Demenz auswirken.

Schwerpunkt ist die Anerkennung und Bekämpfung von Vorurteilen, Diskriminierung und ­Ungerechtigkeit, nicht nur gegenüber marginalisierten Minderheitengruppen, sondern auch gegenüber Frauen, die in den meisten Ländern die Mehrheit der ­Bevölkerung ausmachen.

Frauen, die mit der Alzheimer-Krankheit leben, sind einer „dreifachen Gefährdung“ durch Stigmatisierung im Zusammenhang mit Alter, kognitivem Verfall sowie Geschlechterstereotypen und -vorurteilen ausgesetzt.

Bildung als Schutzfaktor vor Demenz?

Früher wurden auch die geringeren Bildungschancen von Frauen als eine Erklärung herangezogen.

Dies vor allem in Zusammenhang mit geringeren Einkommen und dadurch reduzierten Chancen auf einen gesundheitsförderlichen Lebensstil. Hohe Leistungsorientierung bei Frauen mit gleichzeitig geringen Aufstiegschancen scheinen die kognitive Reserve bei Frauen stärker einzuschränken. Heute sind laut ASTAT mehr Südtiroler Studentinnen als Studenten an italienischen und österreichischen Universitäten eingeschrieben, was dazu beiträgt, die Bildungsunterschiede zu Männern anzugleichen. Aber die soziokulturelle Benachteiligung von Frauen durch tradierte Rollenbilder und Aufgabenbereiche wirken sich nachweislich negativ auf die weibliche Gehirngesundheit aus.

Sorgearbeit und ­Pflegetätigkeit

In Pflegeberufen und als nächste Angehörige tragen vor allem Frauen die Verantwortung für die Sorgearbeit für Menschen mit Demenz. 80% der Personen mit Demenz werden zuhause versorgt: zum Großteil von Töchtern, Partnerinnen, Müttern und Schwiegertöchtern.

In Studien unter anderem von Dr. Janice Kiecolt-Glaser wurde gezeigt, dass die Betreuung und Pflege einer Person mit Demenz wesentlich zum Risiko, selbst an Demenz zu erkranken, beiträgt. Eine australische Studie hat ergeben, dass die Betreuung von Angehörigen mit Demenz bei 94% der Pflegenden zu Schlaflosigkeit geführt hat, die mit einem erhöhten Risiko von Bluthochdruck, Übergewicht, Stimmungsschwankungen und Demenz einhergeht. Die aufopfernde und zeitraubende Pflege einer nahestehenden Person mit Demenz führt auch in vielen Fällen zur Vernachlässigung der eigenen Gesundheit.

Hormoneller Einfluss

Die Zeitspanne zwischen dem Beginn des weiblichen Zyklus und den Wechseljahren kann das Risiko für eine spätere Demenzerkrankung beeinflussen.

Frauen, die spät zu menstruieren beginnen, haben ein 23% höheres Risiko, eine demenzielle Erkrankung zu entwickeln. Auch ein früher Beginn der Menopause vor dem 47. Lebensjahr erhöht das Risiko um 20%. 

Schwangerschaften, die Einnahme der Anti-Baby-Pille sowie eine Hormonersatztherapie und der abnehmende Östrogenspiegel in den Wechseljahren werden in Zusammenhang mit der Tatsache gebracht, dass zwei Drittel der Demenzpatienten weiblich sind. Die Schutzfunktion von Östrogen, das auch im Hippocampus produziert wird, ist nach der Menopause stark eingeschränkt oder fällt gänzlich weg. Da bei der Alzheimererkrankung vor allem schädliche Veränderungen im Hippocampus und in der Großhirnrinde auftreten, scheint die Ursache für die Häufung von Demenz bei Frauen erkannt. Doch der Zusammenhang zwischen Hormonen und Nervenzellen im Gehirn ist noch nicht vollumfänglich geklärt. Gesichert ist, das speziell in dieser Lebensphase Stressfaktoren aus der Umwelt und dem Lebensstil die weibliche Gehirngesundheit negativ beeinflussen können. Vor allem bei Frauen begünstigt das Vorhandensein des Gens ApoE4 die Entwicklung von Gedächtnisproblemen sowie einer Hirnschrumpfung im mittleren Alter.

Doch nicht nur biologische Ursachen, sondern auch soziokulturelle Gründe wirken sich auf das erhöhte Demenzrisiko bei Frauen aus.

Höheres Risiko für Armut im Alter

Sozial benachteiligte Personen haben generell ein höheres Risiko, öfter krank zu werden und frühzeitig zu sterben als Personen, die sozioökonomisch bessergestellt sind.

Doch wieder sind es Frauen, die im hohen Alter häufiger von Armut betroffen sind als Männer.  Diese strukturelle Benachteiligung belegt eine aktuelle Studie „Hohes Alter in Deutschland“. 

Begründet wird dies damit, dass Frauen zum Großteil im Niedriglohnsektor tätig sind oder waren und dadurch geringere Einkommen erwirtschaften. Dazu kommt das weitgehende Fehlen der Gleichstellung bei Gehältern und Löhnen.

Stress und die Auswirkungen auf das weibliche Gehirn

In ihrem Buch „Das weibliche Gehirn“ erklärt Dr. Lisa Mosconi die Unterschiede im Gehirnstoffwechsel von Frauen und Männern. Durch die Erforschung des weiblichen Gehirns und dessen spezifische Bedürfnisse entwickelt sie eine Methode, mit der die weibliche Gehirngesundheit wissenschaftlich fundiert durch Lebensstilanpassung gefördert wird und das Risiko für eine demenzielle Erkrankung gesenkt werden kann: Durch eine Ernährungsumstellung auf Nahrungsmittel in hoher Qualität, Reduktion von zuckerhältigen Speisen und Getränken und vorwiegend pflanzliche Kost mit hochwertigen Fetten wie sie in der Mediterranen Küche praktiziert wird. Mit regelmäßiger Bewegung und Maßnahmen zur Förderung der Schlafqualität und Stressabbau trägt diese Methode zur weiblichen Gesundheit und Demenzprävention bei.

Schreiben Sie uns Ihre Fragen zum Thema oder geben Sie uns ein Feedback: info@asaa.it oder Tel: 800 660 561

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